Ist der Arbeitgeber verpflichtet, Abfindungen zu zahlen?
Eine Abfindung ist eine einmalige, außerordentliche Zahlung, mit der sich der Arbeitgeber von allen weiteren Verpflichtungen dem Arbeitnehmer gegenüber sozusagen “freikaufen” kann. Ob und wie der Arbeitgeber dies tut, liegt in seinem ganz eigenen Ermessen und hängt auch vom Verhandlungsgeschick des Arbeitnehmers ab. Denn es gibt grundsätzlich keinen gesetzlichen Anspruch auf die Auszahlung einer Abfindung, wenn der Arbeitnehmer gekündigt wird oder einen Aufhebungsvertrag unterschreibt. Auch für die Höhe einer finanziellen Entschädigung sieht das Gesetz keine Regelung vor. Das heißt, Abfindungszahlungen durch den Arbeitgeber sind freiwillig und nicht jede Kündigung zieht zwangsläufig eine Abfindung nach sich.
BEENDIGUNG DES ARBEITSVERHÄLTNISSES: MÖGLICHER ANSPRUCH AUF ABFINDUNG
Auch wenn der Arbeitgeber laut Arbeitsrecht grundsätzlich nicht verpflichtet ist, Abfindungen zu zahlen, gibt es Ausnahmen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann sich ein Anspruch auf finanzielle Entschädigung zum Beispiel aus folgenden Gründen ergeben:
- bei betriebsbedingter Kündigung (Vgl. § 1a Kündigungsschutzgesetz (KSchG))
- Abfindung ist im Tarifvertrag geregelt
- individuelle Regelung einer Abfindung im Arbeitsvertrag
- zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber vereinbarter Sozialplan bei Betriebsänderungen sieht Abfindungen vor
- Aufhebungsvertrag mit Abfindungsvereinbarung
- gerichtlicher oder außergerichtlicher Vergleich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer beinhaltet Abfindung
AUSSERORDENTLICHE EINKÜNFTE: BERECHNUNG IHRER ABFINDUNG
Wie viel finanzielle Entschädigung Ihnen in diesen Fällen zusteht, ist von individuellen Ausgangssituationen und Verhandlungen abhängig. Für die Höhe der Abfindung kann zur Orientierung allerdings eine allgemeine Faustformel herangezogen werden, die zur Berechnung u.a. bei betriebsbedingter Kündigung genutzt wird. Der Regelsatz der finanziellen Entschädigung ergibt sich dabei aus der Betriebszugehörigkeit und dem Monatsgehalt. Für jedes Jahr, das der Arbeitnehmer im Unternehmen tätig war, gibt es ein halbes Brutto-Monatsgehalt als Abfindung. Hat der Mitarbeiter zehn Jahre lang 4.000 Euro monatlich erhalten, könnte sich die finanzielle Entschädigung somit auf 20.000 Euro belaufen.
Mit der Abfindung Steuern sparen: Ist eine Abfindung auch steuerfrei möglich?
Bis zum Jahr 2003 war eine Abfindung steuerfrei. Nach einer Übergangsregelung mit Freibeträgen und Ausnahmen für kleinere Summen verlangt das Finanzamt seit dem 1. Januar 2006 auf alle Abfindungen Einkommensteuer. Denn auch einmalig erhaltene Zahlungen zählen seitdem laut Arbeitsrecht in vollem Umfang zum steuerpflichtigen Arbeitslohn. Für die Abführung der Einkommensteuer ist auch hier der Arbeitgeber zuständig.
Damit diese außerordentlichen Einkünfte, die das zu versteuernde Einkommen im jeweiligen Jahr schlagartig erhöhen können, den Arbeitnehmer nicht in die steuerliche Bredouille bringen, sieht das Steuergesetz eine Sonderregelung für Abfindungen vor. Denn mit einem höheren Einkommen unterläge der Arbeitnehmer auch einem höheren Steuersatz. Der Gesetzgeber erkennt Abfindungen als außerordentliche Einkünfte (§34 EStG) und Ausnahmefall an. Zum Ausgleich einer möglichen unverhältnismäßigen Steuerlast im Jahr der Abfindung wird die sogenannte Fünftelregelung bereit gestellt.
SO PROFITIEREN SIE VON DER FÜNFTELREGELUNG
Bei der Anwendung der Fünftelregelung wird der Abfindungsbetrag zunächst durch fünf geteilt. Ein Fünftel wird zum aktuellen Jahreseinkommen hinzugerechnet. Von diesem Gesamteinkommen berechnet das Finanzamt die Lohnsteuer, die abgeführt werden muss. Diesen Steuerbetrag vergleicht der Finanzbeamte mit der Summe, die ohne Abfindungsbetrag fällig wäre. Die Differenz dieser beiden Beträge ergibt die sogenannte steuerliche Mehrbelastung, die zu zahlen wäre, hätte der Arbeitnehmer nur ein Fünftel der Abfindungssumme erhalten. Die steuerliche Mehrbelastung wird wiederum mit fünf multipliziert und damit die günstigere Besteuerung auf die komplette Abfindung angewendet.
Ein Beispiel ausgehend von einem ledigen, kinderlosen Arbeitnehmer verdeutlicht die Vorgehensweise:
Er wird von seiner Firma betriebsbedingt gekündigt und erhält bei einem Jahreseinkommen von 26.000 Euro brutto eine Abfindung in Höhe von 10.000 Euro. Der Einfachheit halber werden Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag nicht berücksichtigt.
1. Schritt: Ein Fünftel der Abfindung wird zum Jahreseinkommen addiert und die Steuer errechnet.
Jahreseinkommen | 26.000 Euro |
+ ein Fünftel der Abfindung | 2.000 Euro |
zu versteuerndes Einkommen | 28.000 Euro |
darauf entfallender Steuerbetrag | 4.736 Euro |
2. Schritt: Berechnung der Einkünfte eines Jahres ohne Abfindung
zu versteuerndes Einkommen
(ohne Abfindung) | 26.000 Euro |
darauf entfallender Steuerbetrag | 4.143 Euro |
3. Schritt: Die Differenz beider Steuerbeträge wird gebildet und das Ergebnis verfünffacht
Steuebetrag mit Abfindung | 4.736 Euro |
- Steuerbetrag ohne Abfindung | 4.143 Euro |
Unterschiedsbetrag | 593 Euro |
x 5 | 2.965 Euro |